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Schenken und Erben und Pflicht der Anrechnung: Ein Beispiel

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Schenken und Erben und Pflicht der Anrechnung: Ein Beispiel

Andreas Leiter

Monika W. ist verheiratet und hat drei Kinder. Schon vor zehn Jahren hat sie der jüngsten Tochter Mara, die als einzige in ihrer Nähe lebt und ihr oft bei Arztterminen und anderen Erledigungen hilft, ein Auto und 65.000 Euro geschenkt. In ihrem Testament möchte sie festhalten, dass Mara nach dem Tod der Mutter die Schenkungen ihrem Erbteil nicht anrechnen muss. Doch kann jemand überhaupt die Befreiung von der Pflicht der Anrechnung erhalten?

Dr. Andreas Leiter: In einem Schenkungsvertrag kann vorgesehen werden, dass der Beschenkte von der Pflicht der Anrechnung befreit wird. Doch was bedeutet das genau? 

Das Gesetz sieht vor, dass gewisse Personen, für die das Gesetz einen sog. Pflichterbteil vorsieht und sofern sie in der Erbfolge mit anderen Erben zusammentreffen, all das ihrem Erbteil anrechnen müssen, was sie vom Verstorbenen durch Schenkung erhalten haben. Demnach sind grundsätzlich sämtliche zu Lebzeiten erhaltenen Schenkungen wertmäßig der Erbmasse hinzuzufügen. Die Aufteilung der Güter des Verstorbenen erfolgt sodann unter Berücksichtigung der vom Einzelnen zu Lebzeiten erhaltenen Schenkungen. Mit gutem Grund: Hierdurch soll eine gerechte Aufteilung zwischen allen Miterben bzw. die Einhaltung der sog. Pflichterbquoten sichergestellt werden, da Schenkungen vom Gesetzgeber als eine Art vorgezogenes Erbe erachtet werden.

Der Schenkungsgeber kann den Beschenkten jedoch ausdrücklich von dieser Anrechnungspflicht befreien, indem er dies im Schenkungsvertrag oder auch später in seinem Testament ausdrücklich erklärt. In jedem Fall muss die Befreiung schriftlich erfolgen, da eine mündliche Befreiungserklärung keine Wirkung hat.

Die Auswirkungen einer Befreiung von der Anrechnungspflicht kann wie folgt veranschaulicht werden:

Eine Erbschaft kann man sich wie einen Kuchen vorstellen, von dem gewisse Personen (sog. Pflichtteilsberechtigten - nämlich der Ehegatte, die Kinder und die Eltern) mindestens ein Stück in einer ganz bestimmten Größe (sog. Pflichtquote) verlangen können. Die Summe der vom Gesetz vorgesehenen Pflichtquoten ist aber kleiner als der ganze Kuchen. Der Erblasser kann zumindest über ein Kuchenstück, also einen Teil seiner Hinterlassenschaft völlig frei verfügen; man spricht vom frei verfügbaren Teil der Erbschaft.

Stirbt eine Person, die zu Lebzeiten Schenkungen vorgenommen hat, so muss jeder Pflichtteilsberechtigte die erhaltenen Schenkungen fiktiv, also ihrem Wert nach, seiner Pflichtquote anrechnen. Die zu Lebzeiten des Erblassers erhaltenen Schenkungen werden also so behandelt, als wären sie ein Vorschuss auf das dem Einzelnen zustehende Kuchenstück an der Erbschaft.

Wird die Schenkung hingegen mit der Befreiung von der Anrechnungspflicht vorgenommen, so muss der beschenkte Pflichtteilsberechtigte im Zuge der Erbschaft, zu der er gerufen ist, die Schenkung seinem Erbteil nicht anrechnen, sondern sie wird dem frei verfügbaren Teil angerechnet. Der Beschenkte, welcher auch Pflichtteilsberechtigter ist, kann somit zusätzlich zu den bereits zu Lebzeiten des Erblassers durch Schenkung erhaltenen Gütern auch noch so viele weitere Güter aus der Erbschaft verlangen, wie es seiner Pflichtquote entspricht.

Allerdings hat die Befreiung von der Anrechnungspflicht nur soweit Wirkung, als hierdurch wertmäßig nicht mehr als der frei verfügbare Teil der Erbschaft verschenkt und keiner der Pflichtteilsberechtigten in seiner Pflichtquote verletzt wurde (also weniger erhalten hat, als es das Gesetz ihm zusichert). Sollte eine solche Pflichtteilsverletzung vorliegen, kann der Pflichtteilsberechtigte dies mit einer sogenannten Kürzungsklage gerichtlich geltend machen.

Was bedeutet nun Kürzungsklage? Das Gesetz sieht vor, dass jene Güter, die zu Lebzeiten des Erblassers verschenkt wurden, jedoch den Wert des frei verfügbaren Teils überschreiten, in die Hinterlassenschaft zurück und dem in seinem Pflichtteil verletzten Erben gegeben werden müssen. Bei Vorliegen mehrerer Schenkungen ist für diesen Kürzungsvorgang eine klare chronologische Vorgehensweise vorgesehen.

Soviel als kurzen Einblick in eine doch sehr komplexe Materie. Insgesamt kann festgehalten werden, dass die Befreiung des Beschenkten von der Anrechnungspflicht für diesen sicherlich von Vorteil ist, nachdem dieser, in den Grenzen des frei verfügbaren Vermögens des Erblassers bzw. unter Wahrung der Rechte der Pflichtteilsberechtigten, hierdurch einen Vorteil gegenüber den anderen Miterben erhält.

Dieses Thema hat Sie interessiert? Und Sie wünschen rechtliche Beratung zum italienischen Erbrecht, zur Erbschaftsplanung und Schenkungen – auch unter Berücksichtigung der steuerlichen Optimierung? Dann vereinbaren Sie einen Termin für eine Besprechung, gerne auch mit Videochat. Sie erreichen uns unter info@avv-leiter.it oder +39 (0)474 555356.

RA Andreas Leiter

(Stand August 2023)