Kaufvertrag – Kaufvorvertrag – Auflösung Vertrag – Angeld zur Bestätigung und Schadenersatz
Andreas Leiter
Paul Z. aus Bruneck lebt mit seiner Frau in einer Zweizimmerwohnung. Das Paar erwartet Zwillinge, weshalb die Räumlichkeiten schon bald zu klein sein werden. Sie suchen dringend eine neue Wohnlösung. Ihr Immobilienhändler schlägt eine Dreizimmerwohnung in einer Fraktion von Bruneck vor. Im Moment habe er nichts anderes. Die Wohnung gefällt Familie Z. Nichtsdestotrotz hätten sie lieber noch ein Zimmer mehr. Doch bevor sie nichts Besseres finden, wollen sie sich diese Möglichkeit nicht durch die Lappen gehen lassen. Mit dem Verkäufer der Immobilie besprechen sie ihre Wünsche ganz offen. Die beiden Parteien suchen gemeinsam einen Anwalt auf, um die beste Lösung für beide Seiten zu finden.
Rechtsanwalt Dr. Andreas Leiter: Die Bestimmung des Art. 1385 des italienischen Zivilgesetzbuches sieht die Möglichkeit eines sogenannten Angeldes zur Bestätigung vor. Demnach wird bei Abschluss eines Vertrags eine bestimmte Geldsumme übergeben, welche bei Erfüllung zurückzugeben oder auf die geschuldete Leistung anzurechnen ist.
Bei einem Hauskauf ist ein Vorvertrag ein gängiger Zwischenschritt: Mit dem Vorvertrag verpflichten sich beide Vertragsparteien, zu einem späteren Zeitpunkt den Hauptvertrag abzuschließen. Der Hauptvertrag muss vor einem Notar unterschrieben und in der Folge im Grundbuch eingetragen (Fachterminus: einverleibt) werden. Der Vorvertrag bietet die Sicherheit, dass der Kaufvertrag der Immobilie zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich abgeschlossen wird. Der Kaufvorvertrag muss alle wesentlichen Elemente des Hauptvertrages beinhalten.
Ein Kaufvorvertrag kann eine Klausel zum Angeld zur Bestätigung beinhalten: Für den Fall, dass der Käufer vom Vorvertrag zurücktritt, erfüllt das Angeld demnach eine Garantiefunktion, da der Verkäufer die als Angeld erhaltene Summe behalten darf. Dieses Angeld erfüllt somit den Zweck einer „Selbsthilfemaßnahme“, da der Käufer vom Vertrag zurücktreten kann, ohne dass der vom Verkäufer hierdurch erlittene Schaden durch ein Gerichtsverfahrens ermittelt werden muss.
Im Fall von Familie Z. ist die Verabredung des Angelds für beide Parteien von Vorteil. Findet die Familie innerhalb der im Kaufvorvertrag für den Kauf vorgeschriebenen Frist eine bessere Wohnlösung, kann sie vom Vertrag zurücktreten, und der Verkäufer darf im Wege der Entschädigung das Angeld behalten.
Übrigens: Der Verkäufer darf das Angeld auch dann behalten (und vom Vertrag zurücktreten), wenn der Käufer säumig ist bzw. die aus dem Vertrag hervorgehenden wesentlichen Verpflichtungen nicht erfüllt.
Natürlich betrifft das Angeld auch den Verkäufer. Kommt der Hauptvertrag bis zum vorgegeben Zeitpunkt aufgrund einseitigen Verschuldens des Verkäufers nicht zustande, kann der Käufer die doppelte Summe des geleisteten Angeldeszurückfordern.
Laut Art. 1385 ZGB darf eine Partei nicht einseitig vom Vertrag zurücktreten und das Angeld behalten (oder doppelt zurückfordern – der Käufer bezahlt das Angeld, der Verkäufer müsste diese Summe zurückerstatten und seinerseits das Angeld entrichten) und zusätzlich noch einen entstandenen Schaden einklagen. Einzige Ausnahme: Die kaufversprechende Partei bewohnt nach Abschluss des Kaufvorvertrages bereits die Liegenschaft – und ist säumig. In diesem Fall muss sie auch für jene Schäden aufkommen, die aus der mangelnden Verfügbarkeit der Liegenschaft resultieren.
Alternativ zum Rückbehalt des Angeldes bzw. der Forderung auf das doppelte Angeld, kann die jeweilige Partei, die zur Vertragserfüllung bereit ist, auch vor Gericht ein Verfahren anstrengen, das die Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Vorvertrag zum Gegenstand hat bzw. den Abschluss des nicht abgeschlossenen Hauptvertrages durch ein gerichtliches Urteil.
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(Stand Juli 2016)
Protokoll: Verena Duregger